Lesen ist eine Schlüsselkompetenz und eine Grundlage für die Teilhabe an der Gesellschaft. Viele Kinder und Jugendliche in Deutschland haben allerdings große Defizite beim Lesen, wie internationale Bildungsstudien zeigen.
Warum Leseförderung
Was versteht IGLU unter Lesekompetenz?
Lesen ist laut IGLU ein konstruktiv-interaktiver Prozess:
„Textverständnis wird als ein informationsverarbeitender Prozess aufgefasst, bei dem Lesende die im Text enthaltenen Informationen mittels Lesestrategien und Verarbeitungsprozessen aktiv mit ihrem Vor- und Weltwissen zusammenführen und eine mentale Repräsentation des Gelesenen konstruieren. Das Rahmenkonzept differenziert Prozesse des Leseverstehens und lesebezogene Einstellungen und Gewohnheiten der Lesenden.“ Quelle: IGLU 2016
IGLU 2021: Jeder vierte Viertklässler kann nur unzureichend lesen
Anders als bei PISA war im Grundschulbereich anfangs die Welt noch in Ordnung: Die getesteten Viertklässler erreichten in Deutschland bei der ersten Untersuchung 2001 beim Lesen überdurchschnittliche Leistungen und lagen im internationalen Vergleich im oberen Drittel. Dieses Bild hat sich gewandelt. Die mittlere Lesekompetenz ist im Vergleich zu 2001 deutlich gesunken. Rund ein Viertel der Grundschüler:innen erreicht keine ausreichende Lesekompetenz und muss mit großen Schwierigkeiten im weiteren Verlauf der Schulzeit rechnen. Die Kluft zwischen guten und schlechten Schüler:innen ist groß. Beim Abbau von Bildungsungerechtigkeit sind keine Fortschritte zu erkennen.
Was versteht PISA unter Lesekompetenz?
PISA versteht Lesekompetenz als wichtiges Hilfsmittel für das Erreichen persönlicher Ziele, als Bedingung für die Weiterentwicklung des eigenen Wissens und der eigenen Fähigkeiten und als Voraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Der PISA-Test erfasst, inwieweit Schülerinnen und Schüler in der Lage sind, geschriebenen Texten gezielt Informationen zu entnehmen, die dargestellten Inhalte zu verstehen und zu interpretieren sowie das Material im Hinblick auf Inhalt und Form zu bewerten. Dabei werden unterschiedliche Arten von Texten eingesetzt, neben kontinuierlichen Texten wie Erzählungen, Beschreibungen oder Anweisungen auch nicht-kontinuierliches Material wie Tabellen, Diagramme oder Formulare.
Quelle: Pisa 2000. Die Studie im Überblick. Grundlagen, Methoden und Ergebnisse. Berlin: Max-Planck-Institut für Bildungsforschung (2002)
PISA: enger Zusammenhang zwischen Herkunft und Bildungschancen
PISA ist die bekannteste Bildungsstudie: Bekannt vor allem wegen des unerwartet schlechten Abschneidens der deutschen Schülerinnen und Schüler bei der ersten Erhebung im Jahr 2000. Als die Ergebnisse 2001 veröffentlicht wurden, löste das in der deutschen Öffentlichkeit einen „PISA-Schock“ und heftige öffentliche Diskussionen aus: In allen getesteten Gebieten lagen die Leistungen der teilnehmenden Jugendlichen weit unter dem Durchschnitt der anderen OECD-Länder. Spitzenreiter war Deutschland allein bei der Bildungsungerechtigkeit: In keinem Land war die schulische Leistung so eng an die soziale Herkunft gekoppelt wie in Deutschland.
Weitere Ergebnisse von PISA 2000 für den Bereich „Lesen“:
- Fast jeder vierte Schüler leseschwach: Knapp ein Viertel (22,6%) der getesteten 15-Jährigen kann nur auf einem elementaren Niveau lesen und zählt damit zur „Risikogruppe“.
- große Leistungsstreuung: Der Abstand zwischen den Ergebnissen der leistungsschwächsten und der leistungsstärksten Schülerinnen und Schüler ist breiter als in den anderen Teilnehmerstaaten.
- Hobby lesen? Der Anteil der Jugendlichen, die angeben, nicht zum Vergnügen zu lesen, ist in Deutschland mit 42 Prozent besonders hoch. In der Gruppe der Jungen beträgt der Anteil sogar fast 55 Prozent.
- Mädchen vorn: Mädchen verfügen über eine höhere Lesekompetenz als Jungen.
Seitdem haben die Jugendlichen deutlich aufgeholt: Die letzte Erhebung 2015 verzeichnet einen deutlichen Anstieg der Lesekompetenz der 15-Jährigen in Deutschland.
Allerdings betrifft die Leistungssteigerung nicht alle Gruppen gleichermaßen. Die durchschnittliche Lesekompetenz der Jugendlichen an nicht-gymnasialen Schularten unterscheide sich beträchtlich von der durchschnittlichen Lesekompetenz der Schülerinnen und Schüler an Gymnasien, schreiben die Forscher. Verbesserungspotenzial sehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler deshalb vor allem bei der Förderung besonders leseschwacher Schülerinnen und Schüler in Deutschland.